Bernd_P
Ein Großer Friedrich
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Ich bin, was den Einfluss der Schicksalskarten angeht, ein wenig hin- und hergerissen.
Es stimmt schon, dass man sehr bedröppelt dasitzt, wenn man als Zarin oder Pompadour schon relativ früh nur noch eine kleine Nation führen darf, gerade als Spiel-Neuling. Ich habe aber andererseits schon oft Partien auf wunderbare Weise kippen gesehen, eben weil sich Friedrich zu sicher gefühlt hat und die kleinen aus den Augen verloren hat. Wenn die Alliierten gut spielen und die Schicksalskarten so liegen, dass das Spiel lange dauert, dann hat man auch als Schwede oder Hildi gute Chancen, das Spiel zu gewinnen. Ein Schwede, der sich aus dem Kampfgeschehen raushält, hat in der 20. Runde 20 TKs auf der Hand - wahrscheinlich mehr als Preußen zu diesem Zeitpunkt! Ich glaube, dass ein frühes Ausscheiden der Russen bzw. der Franzosen die Siegchancen der Zarin/Pompadour nicht so dramatisch mindert, wie man das vielleicht empfindet. Aber ein hartes Brot gerade für Anfänger ist es natürlich.
Und ganz ehrlich: Im Turnier nervt es auch gewaltig. Bei meinem Vorrundenspiel als Franzose brauchte ich nur noch eine einzige Stadt, um punktemäßig im Finale zu stehen. Ich stand bereits auf dieser ungedeckten Stadt, als die Franzosen in Runde 11 oder 12 ausschieden (ich kam allerdinfgs aufgrund eines guten Tiebreakers ganz hauchdünn doch noch ins Finale).
Und dennoch (Achtung, jetzt wirds philosophisch): Letztlich geht es doch - so sehe ich es jedenfalls - um das "Friedrich-Feeling", also das Hinnehmen von Schicksalschlägen "mit einer Mischung aus Entschlusskraft, Sebstmitleid und philosophischer Gelassenheit", wie es schon auf der Packung steht. Wer kein spielerischer Überflieger wie Josef oder Anton ist, der hat wahrlich Gelegenheit, gerade auf den Turnieren in diese Gefühlswelt einzutauchen - eben weil es die verdammten Schicksalskarten gibt! Wenn ich vom Turnier heimfahre, fühle ich mich wie Friedrich, nachdem er vom Pferd geschossen wurde. Aber dann fühle ich mich auch der Welt des Alten Fritz derart nahe, dass ich mal wieder den nicht vorhandenen Dreispitz davor ziehen muss, wie das Spiel genau diese Welt einfängt!
Fazit: Ich finde es gut, dass das Nachfolgespiel Maria Theresia nicht auf Schicksalskarten setzt, bei Friedrich möchte ich sie aber nicht missen. Deinen Vorschlag, einige "kleine" Schicksalkarten vor die "großen" zu setzen, halte ich nicht für sinnvoll, das bringt Spiel und Spielidee irgendwie aus der Balance, glaube ich. Aber letztlich: Ihr habt es ja ausprobiert und für gut befunden. Wenn den Anfängern damit wohler ist, warum nicht. Aber ich denke, man sollte dann schon irgendwann auch zu den Originalregeln zurückkehren.
__________________ Man soll nie zu früh verzweifeln. (Friedrich II. von Preußen)
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23.11.2011 02:30 |
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rsivel
Administrator
Beiträge: 501
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Ich habe ein wenig gewartet, bevor ich hier was schreibe, um erst mal andere zu wort kommen zu lassen...
Zitat: |
Die ersten fünf Runden bilden die Jahre 1756 –1759 ab. |
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Nicht ganz richtig. Runde 5 nennt ja die Belagerung Prags, also Mai 1757.
Zitat: |
Die großen Schicksale setzten erst ab 1762 ein (Tod der Zarin, Frieden mit Schweden, Kürzung der Subsidien, Kriegsmüdigkeit bei Frankreich). |
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Auch nicht ganz richtig. Die Karte "Indien" ist der Sieg bei Plassey, also Juni 1757. Und "Amerika" ist die Eroberung Nordamerikas durch die Briten. Diese kann 1760 als abgeschlossen gelten. -- Man könnte dem Spiel allenfalls vorwerfen, daß der Bankrott Frankreichs zu unmittelbar an "Amerika" gekoppelt ist.
Zitat: |
Bei dieser Manipulation des Schicksalskartenstapels kann Rußland frühestens in der 12. Runde ausscheiden. |
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Da komme ich auf frühestens nach der 13. Runde: 5+7+1. karte = 13
Von diesen Feinhheiten mal abgesehen: Selbstverständlich hatte ich während der Entwicklugng auch über einen längeren Zeitraum nachgedacht, in dem nichts passiert, einen solchen Mechanismus aber wieder verworfen.
Erstens denke ich, daß die Zarin z.B. ja auch früher hätte sterben können. Man denke hier nur an Apraxins Rückmarsch anno 1757 als Elisabeth erkrankt war.
Zweitens finde ich, daß ein Zeitraum von 1.5 Jahren schicksalstechnisch überschau- und planbar ist. Danach setzt eben die Unsicherheit ein. Genau dies soll die Schicksalsuhr, so wie sie jetzt ist, abbilden.
Ferner denke ich, daß eine größere Variabilität der Abläufe für einen größeren Wiederspielreiz sorgt, und für eine größere Spannbreite der verschiedenen Abläufe. Ich möchte Erlebnisse, in den Schweden in Runde 9 gewinnt, dank eines frühen Zarinnentodes einfach nicht missen!
Ich möchte auch zu bedenken geben, daß durch eine solche Häufung der Schicksalsschläge zum Ende hin statistisch einiges passiert:
a) die durchschnittliche Spiellänge verschiebt sich;
b) die Standardabweichung der Spiellänge sinkt drastisch;
c) im Schnitt ist dann jede zweite Karte ein Schicksalsschlag; das nimmt Spannung und Nagelkauen aus dem Spiel.
Natürlich, insofern hat Klaus recht, sind die Schicksalskarten, so wie sie jetzt sind, nicht gerecht. Aber so ist eben das Wesen des Schicksals. Und darum geht es ja auch, wie Bernd mit seinem philosophischen Exkurs schon angemerkt hat.
Ich sehe also keinen Anlaß zur Änderung der Regeln.
Wer Angst vor einem zu wenig-Involviertsein hat, der kann ja auf die 3-Personen-Variante ausweichen. Die Chance daß Rußland und Frankreich früh ausscheiden ist sehr gering. Man wird also genug zu tun haben.
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28.11.2011 11:01 |
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