Hildburghausen düpiert Friedrich und Ferdinand |
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Am Sonntag gab es eine Partie, in der Hildburghausen – noch vor dem zähen Keith – die schillerndste Figur abgab. Deshalb schreibe ich den Spielbericht "reichslastig" und stelle ihn auf Anregung von Toni hier ins "Hildi-Forum".
Die Voraussetzungen für Hildburghausens Taten schufen frühe Waffenerfolge der Österreicher in Sachsen: Bereits um die fünfte/sechste Runde drangen Browne und Karl von Osten her nach Sachsen ein, im Süden flankiert von Lacy und Hildburghausen, und räumten fürchterlich unter den Preußen auf: Heinrich von großer Überzahl überrascht und vom Brett genommen! Dem von Nordwesten heranrückenden Ferdinand (sic!) quer durch Sachsen entgegengezogen und ihn erfolgreich vom Karosektor ferngehalten! Schwerin eingekesselt und vernichtet! Friedrich und Winterfeldt besiegt und nach Chemnitz getrieben!
Hildburghausen war bei diesen Heldentaten nicht direkt beteiligt; ohne Karokarte war er dazu verurteilt, südlich des Karosektors abzusichern und zu drohen. Doch nun schlug auch seine Stunde: er setzte den Flüchtigen nach und stellte sie, von Pik kommend, in Chemnitz (Kreuz) erneut zur Schlacht. Weil Preußen zu diesem Zeitpunkt schon viel Kreuz gegen unternehmungslustige Russen investiert hatte, gelang es dem Reichsgeneral, die Preußen ein weiteres Mal zu schlagen und bis nach Marktredwitz zu weiterzutreiben.
Die Lage der Preußen war somit noch vor der 10. Runde verzweifelt: 14 preußische Armeen verloren, zwei Generäle vom Brett gefegt, zwei weitere nach Süden abgedrängt, Sachsen verloren. In Schlesien stand es nicht viel besser: Sich ganz auf die sächsische Verteidigung verlassend, hatten die Preußen (unter allgemeinem Kopfschütteln der allierten Spieler) Laudon und Daun kampflos die schlesischen Städte überlassen – nur noch Oels war hohenzollerisch. Hier stand allerdings Keith und sammelte aus Berlin kommende Unterstützung.
Mit allen Kräften wandten sich die Österreicher deshalb nach Osten. Hildburghausen übertrug man die Bewachung der sächsischen Eroberungen und das Abdrängen Friedrichs nach Westen (Winterfeldt verließ das Spiel in dieser Phase, weil Schweden ausschied). Die Eroberung der eigenen Zielstädte wurde dem Reichsgeneral untersagt, zu groß schien die Gefahr, einer sterbenden Zarin den Sieg zu schenken, zu gewiss der Erfolg der österreichischen Waffen im Osten.
Die Versorgungslinie Friedrichs war extrem gedehnt, aber im westsächsischen Straßengewirr nicht dauerhaft zu unterbrechen. Deshalb verstellten Hildburghausen und sein Reichstross den Weg nach Norden. Friedrich manövrierte südlich Leipzig hin und her wie eine Fliege, die den Weg durch die Fensterscheibe nicht findet. Nach einigen Runden musste Preußen rein statistisch wieder Kreuz bekommen haben (gegen Russland hatte Friedrich auf Herz umgestellt), während Hildburghausen damit nicht übermäßig gesegnet war – eine offene Feldschlacht verbot sich also für den Reichsgeneral ab einem gewissen Zeitpunkt. Schließlich war der Durchbruch des gedemütigten Preußenkönigs nach Halle nicht mehr zu verhindern; er zog dann weiter über Magdeburg nach Berlin und sollte später in hoher Runde am schlesischen Kriegsschauplatz ankommen.
Tatendurstig sah sich Hildburghausen nach dem Abzug Friedrichs um und sah von Norden her neues Spielzeug nahen: Ferdinand. Dieser war nach dem Fall Sachens nach Norden abgedreht, um gegen Ehrensvärd zu kämpfen, fand dort jedoch nur noch die schwedischen Friedensemissäre vor. Er eilte zurück nach Süden und sollte sich nun gegen Hildi endgültig blamieren: Hildburghausen bot in Herzberg (nördliches Sachsen) eine Schlacht an, die Ferdinand annahm. Der Hannoveranische Tross zog von Berlin (dort hatte er in der Runde zuvor erfolgreich das Einstellen von preußischen Generälen unterbunden) nach Zossen; Ferdinand selbst begab sich nach Jüterbog in Angriffsstellung. Hildburghausen zog sich bereitwillig um 1 zurück – und beendete damit Ferdinands Orientreise, denn mit diesem Rückzug stand Hildi in Schlagdistanz zum hannoverschen Tross (und ließ sich nicht zweimal bitten).
Hinter Ferdinands Stirn begann es wild zu arbeiten: Entweder Hildburghausen auf Pik für dessen Unverschämtheit bestrafen, dabei aber wenig bewirken (Ferdinand hatte sechs Armeen, Hildburghausen nach seinem Rückzug fünf), überdies im Anschluss wegen Unversorgtheit sterben – oder aber zurück Richtung Stade stürmen, was gerade eben so vor dem Hundertod bewahren würde. Er wählte letzteres.
Nach vollbrachtem Tagwerk suchte Hildburghausen erneut Arbeit und wurde fündig: Vor Oels rannte ein österreichischer 24er Turm seit vielen Runden wieder und wieder gegen 19 Armeen unter Keith's Kommando an, ohne aber etwas zu bewirken. Also zog Hildi nach Südosten, um sein halbes Dutzend Pik-Karten einzubringen.
Nun wurde es tragisch: Zwar erreichte Hildburghausen noch vor Runde 20 Breslau und griff das Keith'sche Bollwerk an; zwar zog er wie geplant wertvolles preußisches Pik; zwar konnte sich der Reichsgeneral danach wieder zurückziehen. Und dennoch sollte sich dieses erfolgreiche Manöver als schlimmer Bummerang erweisen: Zu diesem Zeitpunkt waren nämlich aufgrund der Passivität der Pompadour nicht mehr genügend Karten im Spiel! Ein fünter Kartensatz war nicht greifbar, also gaben wir die TK heraus, wie sie hereinkamen. Das bedeutete: von den gefallenen Pik-Karten gingen drei an die Pompadour – und der Rest an die Preußen und Hannoveraner!
Danach war nichts mehr zu wollen für die verbissen anrennenden Österreicher; in der 23. Runde kam die Karte "Indien" (kurz zuvor übernahm die Zarin das Reich, bewirkte aber nichts mehr). Preußen hatte zwei Minuten vor Zeitablauf gewonnen. Mit dem Kartenstapel der Pompadour hätte man Markus, den glücklichen Friedrich-Spieler, ohne weiteres niederschlagen können.
Für Hildburghausen freilich war die Partie ein Glanzlicht: Er hatte die preußische Nr. 1 über die Hälfte des Spiels neutralisiert (der Preußenkönig traf erst ganz am Ende in Schlesien ein) und Ferdinand zurück nach Westen gedrängt. Dennoch mussten zwei Dinge die Hildburghausens Freude trüben: Zum einen erwies sich seine letzte Heldentat vor Oels als Bummerang – wenn auch aufgrund einer Situation, die das Regelwerk nicht vorsieht. Und zum anderen war die Strategie, die reichischen Zielstädte sicherheitshalber erobert zu lassen, rückblickend falsch. Man könnte auch sagen, Hildi hatte alles richtig gemacht und dennoch das Falsche getan.
Zeit: Preußen 2 h 28; Allierte ca. 2 h
Friedrich: Markus (13,5 Pkt)
Zarin: André (6 Pkt)
Maria Th.: Ich (9,x)
Frankreich: Malte (9)
__________________ Man soll nie zu früh verzweifeln. (Friedrich II. von Preußen)
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